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Warum Dissoziation schwer zu heilen ist

Dissoziation ist eine komplexe und vielschichtige Reaktion, die als physiologische und nicht als rein psychologische Antwort auf traumatische Erfahrungen betrachtet werden kann. Es handelt sich um einen Vorgang, bei dem der Geist, die Psyche und der Körper zusammenwirken, um das Individuum vor weiterem Schaden zu schützen. Diese Schutzmechanismen können jedoch auch zu Hindernissen bei der Heilung aus der Dissoziation führen.


Trauma und Dissoziation

Ein Hauptmerkmal der Dissoziation ist das Gefühl der Trennung oder des Abstands von der Realität. Dies kann sich u.a. in Form von Gedächtnislücken, einem Gefühl der Unwirklichkeit oder auch durch das Erleben von Körper und Geist als getrennt voneinander äußern. Diese Symptome können dazu führen, dass Menschen mit Dissoziation Schwierigkeiten haben, ihre Erfahrungen zu verstehen und zu verarbeiten.


Ein weiteres Hindernis für die Heilung aus der Dissoziation ist die Tatsache, dass diese Reaktion auf traumatische Erfahrungen oft schon in jungen Jahren erlernt wird. Kinder, die wiederholt traumatischen Ereignissen ausgesetzt sind, entwickeln oft Dissoziationsmechanismen als Überlebensstrategie. Diese Überlebensstrategien können sich im Erwachsenenalter fortsetzen und es schwierig machen, die Dissoziation zu überwinden.


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Die physiologische Reaktion der Trennung und Abspaltung von sich selbst auf traumatische Erfahrungen wird oft schon in jungen Jahren erlernt.


Wenn Dissoziation durch Chronifizierung die Heilung erschwert

Die Chronifizierung von Dissoziation ist ein komplexes Phänomen, das häufig bei Menschen mit Traumaerfahrung in der Kindheit und Jugend auftritt. In solchen Fällen kann die Dissoziation zu einem tief verwurzelten Überlebensmechanismus werden, der auch im Erwachsenenalter fortbesteht.

Die Ursachen für die Chronifizierung von Dissoziation sind vielfältig. Oftmals hat das traumatische Ereignis, das zur Entwicklung der Dissoziation geführt hat, über einen längeren Zeitraum stattgefunden oder war besonders schwerwiegend. Dies konnte wiederum dazu führen, dass das Gehirn versucht hat, die traumatischen Erinnerungen zu verdrängen und abzuspalten, um das Überleben zu sichern.

Wenn diese Abtrennung der traumatischen Erfahrungen auch nach dem Ende des traumatischen Ereignisses fortbesteht, führt es kurz oder lang zu einer dauerhaften Trennung von Emotionen, Körperempfindungen und Gedanken.

Diese chronische Dissoziation kann das Leben der Betroffenen stark beeinflussen und zu einer Vielzahl von Symptomen wie Gedächtnislücken, Identitätsproblemen und einer eingeschränkten Fähigkeit, Emotionen zu regulieren, führen wie z.B.:


  • keine gesunde Bewältigungsstrategien werden entwickelt

  • Reaktion auf beängstingende Situationen wird zur Gewohnheit

  • immer mehr der Gefühle und Erfahrungen wird außerhalb der bewussten Wahrnehmung gespeichert

  • innere Selbstwahrnehmung und das Verstehen der Welt werden ständig gestört

  • erhebliche Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen und Alltagsleben


Diese Probleme verstärken nur die Dissoziation und führen zur Chronifizierung.



Dissoziation führt oft zur Dysregulation des Nervensystems

Die Zusammenwirkung von Geist, Psyche und Körper spielt eine entscheidende Rolle bei der Dissoziation und ihrer Heilung. Traumatische Erfahrungen können zu einer Dysregulation des Nervensystems führen, was wiederum zu körperlichen Symptomen wie Schlafstörungen, Schmerzen oder auch zu psychischen Symptomen wie Angst und Depression führen kann.

Um die Dissoziation zu überwinden, ist es daher wichtig, sowohl an der mentalen als auch an der körperlichen Ebene anzusetzen.

Die Zusammenwirkung von Geist, Psyche und Körper spielt eine entscheidende Rolle bei der Dissoziation und ihrer Heilung. Gabriella Rist
Die Zusammenwirkung von Geist, Psyche und Körper spielt eine entscheidende Rolle bei der Dissoziation und ihrer Heilung. Meditation oder Achtsamkeit allein reichen nicht aus.


Narrative Psychotherapie kann ein hilfreicher, komplementärer Ansatz sein, um Menschen mit Dissoziation und Traumafolgestörungen zu unterstützen. Durch das Erzählen ihrer Lebensgeschichte und das Verstehen der Zusammenhänge zwischen ihren Erfahrungen und ihrem gegenwärtigen Zustand können Betroffene beginnen, ihre Dissoziationsmuster zu erkennen und zu verstehen. Dieser Prozess ermöglicht es ihnen, neue Wege des Denkens und Handelns zu entwickeln und ihre Reaktionen auf traumatische Erinnerungen zu verändern.


Echte Traumaheilung und Dissoziation zu mildern

Die Heilung von Dissoziation und Traumafolgestörungen ist ein multidimensionaler Vorgang im Organismus, der Zeit, Geduld und professionelle Unterstützung erfordert.


Obwohl narrative Psychotherapie eine wertvolle Methode ist, um traumatische Erfahrungen zu verarbeiten, ist es wichtig zu verstehen, dass

Dissoziation eine physiologische Reaktion ist und nicht ausschließlich auf psychologischer Ebene behandelt werden kann.

Um die Heilung von Dissoziation zu unterstützen, ist es also unerlässlich, sowohl auf psychologischer als auch auf körperlicher Ebene anzusetzen. Neben der Arbeit mit traumatischen Erinnerungen und Emotionen in der psychotherapeutischen Behandlung sollten auch Techniken der Körperpsychotherapie wie Traumasensitive Achtsamkeit, Traumasensitiver Yoga oder Somatic Experiencing eingesetzt werden, um eine ganzheitliche Heilung zu ermöglichen.



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1 Comment


Unknown member
Jan 03, 2024

Vielen Dank für den wichtigen Beitrag. So viele Menschen mit dieser Herausforderung, spüren, dass sie anders als die anderen sind und verurteilen sich. Oft erfahren sie auch Sticheleien durch andere, die nicht verstehen warum man gerade so abwesend wirkt, was die Spirale nur noch mehr verstärkt.

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